Manche Menschen sind von Natur aus Abenteurer, aber nur, solange es nicht um Liebe geht. So war es zumindest bei mir: Ich war klassisch bindungsängstlich. Dates? Ja, gern. Näherkommen? Nur bis zu dem Punkt, an dem es wirklich ernst wurde. Spätestens dann fand ich eine elegante Ausrede. Heute bezeichne ich mich selbst als Beziehungsmensch. Wie das passiert ist? Hier meine ganz persönliche Erfahrung.
Phase 1: Bindungsangst deluxe
Es begann meist harmlos: ein netter Abend, ein paar Drinks, ein zweites Date. Doch kaum kam das Wort „wir“ ins Spiel, spürte ich, wie mein Herz schneller schlug, und zwar nicht vor Freude.
- Nachrichten blieben unbeantwortet.
- Treffen wurden abgesagt.
- Ich redete mir ein: „Es liegt nicht an dir, sondern an mir.“
Alles klassische Anzeichen eines Menschen, der Nähe will, aber Angst vor Verlust und Abhängigkeit hat. Ich hielt Menschen auf Abstand aus Angst, sie könnten mir zu nahe kommen.
Phase 2: Der erste Riss im Muster
Der Wendepunkt kam nicht plötzlich, sondern schleichend. Ich lernte jemanden kennen, der sich nicht aus der Ruhe bringen ließ. Kein Druck, keine Vorwürfe, bloße Präsenz.
Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl: Vielleicht ist Nähe gar nicht so bedrohlich. Dieses Gegenüber zeigte mir, dass es möglich ist, unabhängig und trotzdem verbunden zu sein.

Phase 3: Kleine Schritte in Richtung Nähe
Ich begann, meine Muster zu beobachten:
- Warum ghoste ich nach Dates?
- Wieso wird mir schlecht, wenn jemand „ich vermisse dich“ schreibt?
- Was bedeutet „Freiheit“ für mich wirklich?
Mit jedem ehrlichen Blick auf mich selbst wurde mir bewusster: Ich lief nicht vor den anderen weg, sondern vor mir selbst.
Ich übte, kleine Schritte zuzulassen: eine Nachricht nicht löschen, sondern beantworten. Ein „Ja“ zum Wochenende zu zweit, auch wenn ich lieber geflüchtet wäre. Nähe fühlte sich anfangs wie ein Marathon an, aber jeder Kilometer brachte mich weiter.
Phase 4: Vom Fluchtinstinkt zur Verbindlichkeit
Irgendwann passierte etwas Unerwartetes: Ich wollte nicht mehr weglaufen. Und fragte mich stattdessen: Wie fühlt es sich an, wirklich zu bleiben?
Das Ergebnis überraschte mich. Plötzlich bedeutete eine feste Beziehung nicht mehr den Verlust von Freiheit, sondern einen Gewinn von Sicherheit. Statt einengend empfand ich Verbindlichkeit als erleichternd.
Phase 5: Der Beziehungsmensch in mir
Heute nenne ich mich ohne Zögern einen Beziehungsmenschen. Heißt das aber, dass ich nie wieder Angst haben werde? Natürlich nicht. Aber ich habe gelernt, dass Liebe kein Gefängnis ist. Sie ist ein Raum, den man gemeinsam gestaltet.
Ich habe erfahren: Nähe braucht Mut. Und Mut wächst, wenn man ihn herausfordert.

Humorvolle Lektion am Rande
Natürlich war der Weg nicht frei von Stolperfallen.
- Beim ersten gemeinsamen Urlaub packte ich heimlich einen „Notfall-Rückflug-Plan“ in meinen Kopf.
- Als er meinen Kleiderschrank einräumen wollte, bekam ich Schnappatmung.
- Und ja, ich googelte mehr als einmal: „Wie merkt man, ob man wirklich beziehungsfähig ist?“
Aber genau diese Unsicherheiten gehören dazu. Sie machen den Übergang vom bindungsängstlichen Freigeist zum Beziehungsmenschen authentisch.
Fazit: Erfahrung, die Mut macht
Vom Typ bindungsängstlich zum Beziehungsmenschen: das klingt wie ein radikaler Wandel, ist aber in Wahrheit ein Prozess. Es braucht Geduld, Selbstreflexion und manchmal einen Menschen, der bleibt, auch wenn man selbst noch zögert.
Meine Erfahrung zeigt: Liebe ist kein Gegner, vor dem man fliehen muss. Sie ist ein Abenteuer, das man annehmen darf, mit all seinen Höhen, Tiefen und Lachfalten. Und vielleicht ist genau das die schönste Erkenntnis: Wer sich traut, bleibt nicht allein. ❤️